Maximal ein Teilerfolg: Neues kirchliches Arbeitsrecht

Düsseldorf, 25.11.2022

Diese Woche wurde das von den deutschen Bischöfen grundlegend überarbeitete kirchliche Arbeitsrecht veröffentlicht. Als KjG begrüßen wir dies als Schritt in die richtige Richtung.

Mit dem Beschluss des Handlungstextes „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ wurde bereits in der Synodalversammlung im September beschlossen eine Klausel einzufügen, die Menschen auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder persönlichen Lebensform nicht länger benachteiligen soll. Mit #OutInChurch gingen (ehemalige) kirchliche Mitarbeiter*innen in die Öffentlichkeit, um von ihren Erfahrungen zu berichten, in denen sie nicht eingestellt oder gekündigt wurden. Ebenso berichteten sie von der großen Angst, die sie als queere Mitarbeiter*innen haben.

Als KjG fordern wir nach wie vor konsequent eine gewalt- und diskriminierungsfreie Kirche. Wir begrüßen, dass sich die deutschen Bischöfe nun in der Grundordnung des kirchlichen Dienstes klar zu einer bereichernden Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen positionieren. Und dass sie alle Mitarbeiter*innen „unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform“ als Repräsentant*innen der unbedingten Liebe Gottes+ anerkennen. Ein konsequenter nächster Schritt ist diese Anerkennung in der katholischen Beziehungsethik ebenso zu vollziehen wie in der Praxis, beispielsweise in der Spendung des Ehesakramentes auch für Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

„Bestehende Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts sind zu beseitigen, künftige Benachteiligungen zu verhindern”, heißt es in einem weiteren Abschnitt der Grundordnung. Als Teil der Kirche leben wir in der KjG diese Geschlechtergerechtigkeit in allen Bereichen. Dies fordern wir auch in der Praxis der katholischen Kirche – auch bezogen auf Stellen, die bislang nur geweihten Männern vorbehalten sind, ein. Darüber hinaus kritisieren wir, dass die angepasste Grundordnung weiterhin nur binäre Geschlechterstrukturen explizit benennt. Damit bleibt sie hinter staatlich anerkannten wissenschaftlichen Tatsachen zurück und lässt den Raum offen für Willkür und Einzelfallentscheidungen.

Gänzlich unklar bleibt, wie sogenanntes “kirchenfeindliches Verhalten” einzuordnen ist. Durch die vorgesehene Prüfung und Auslegung im Einzelfall, verharrt die erneuerte Grundordnung in der Logik der Willkür. Kirchliches Arbeitsrecht darf nicht auf der Einschätzung Einzelner basieren, wenn Diskriminierung und Ausgrenzung nachhaltig verhindert werden sollen. Wir erleben viele junge Menschen, die damit hadern für die Kirche zu arbeiten. Um diese kompetenten Personen nicht zu verlieren, muss dieser Schritt jedoch passieren.

In unserem kirchlichen Verbandsleben begegnen wir immer wieder jungen Menschen, die begeistert sind von der Botschaft des Evangeliums, die ihren Glauben gerne weitergeben möchten und die dennoch nicht mehr guten Gewissens Teil der katholischen Kirche sein können. Umso fataler ist es, dass die Reform der Grundordnung nicht genutzt wurde, den Austritt aus der katholischen Kirche als Kündigungsgrund zu streichen.

Über all dies hinaus fordern wir eine konsequente Anerkennung und Umsetzung der veränderten Grundordnung in allen deutschen Diözesen.

Als demokratisch verfasster katholischer Verband begrüßen wir, dass in der Diskussion um die Grundordnung auch Expert*innen aus Interessensgruppen und Expert*innen die Möglichkeit zur Einflussname hatten. Wir erwarten, dass diese Art von demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten deutlich ausgebaut und institutionalisiert werden. Wir sind überzeugt, dass echte Beteiligungsmöglichkeiten aller die katholische Kirche zu einem diskriminierungssensibleren Ort machen können.

Für Interviewanfragen steht die Geistliche Bundesleiterin Lisa Holzer gerne zur Verfügung.