Menschenrechte nicht ins Abseits stellen!
Heute Mittag (23.11.2022) startet die deutsche Nationalmannschaft in das außerordentlich umstrittene WM-Turnier in Katar. Die unmoralischen Maßstäbe der FIFA sind zunehmend unaushaltbar.
Keine Frage kultureller Unterschiede Spätestens seit Beginn der Bauarbeiten für die Stadien, in denen während des Turniers gespielt wird, ist klar: Menschen werden dort ausgebeutet. Gastarbeiter*innen haben ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt – unzählige sogar ihr Leben lassen müssen. Queere Menschen werden kriminalisiert und Nachhaltigkeit in Zeiten der Klimakrise spielt beim Bau der WM-Stadien für eine einzige Veranstaltung keinerlei Rolle. Statt sie zusammenzuführen, treibt dieses Event die Weltgemeinschaft enorm auseinander.
Verständnis für katarische Kultur einzufordern, ist nachvollziehbar. Auf der anderen Seite ist die Wahrung von Menschenrechten keine Frage kultureller Unterschiedlichkeiten. Menschenrechte sind ein universelles Gut und unbedingt schützenswert. Unsere Empörung ist deshalb unermesslich groß. Der kurzfristig ausgeübte massive Druck, um Hinweise auf Menschenrechte zu verhindern, verstärkt unsere Empörung.
(Nicht-)Handeln ist immer politisch Als KjG stehen wir für die unbedingte Wahrung aller Menschenrechte weltweit. Aus unserer Überzeugung heraus setzen wir uns daher auch politisch für diese Haltung ein. Wir verurteilen das Androhen sportlicher Konsequenzen für das Bekenntnis von Menschenrechten als Unterdrückung einer menschenrechtsorientierten Haltung. Die Unterdrückungslogik wird nicht nur durch die katarische Regierung in die Debatten getragen, sondern insbesondere durch die FIFA als Weltverband. Und das, obwohl in den Statuten die Wahrung der Menschenrechte und ein Verbot von Diskriminierung eine zentrale Rolle spielen. Wir fordern die FIFA dazu auf, ihre eigenen Statuten umgehend ernst zu nehmen und die entsprechend notwendigen Schritte daraus abzuleiten. Kapitalistische Interessen für den Einsatz für Menschenrechte in keiner Weise einzuschränken. Die FIFA muss anerkennen, dass ihr (Nicht-)Handeln immer auch politisch ist.
Nationalverbände in der Pflicht Wir unterstützen die Prüfung einer juristischen Klage gegen die angedrohten Sanktionen. Gleichzeitig sind wir enttäuscht von Spielern und insbesondere Funktionären des DFB, dass diese ihren Unmut zwar kundtun, aber nicht in Handlungen umsetzen. Wir erachten es als überfälligen Schritt, kompromisslos eine weltoffene Haltung an den Tag zu legen. Es ist für uns unverständlich, dass das Vorgehen der FIFA als Zensur benannt und einfach über sich ergangen lassen wird. Proteste, die nur dann ausgeübt werden, wenn keine Konsequenzen zu erwarten sind, verfehlen ihre Wirkung. Wir erwarten eine kompromisslose Haltung für den Einsatz von Menschenrechten und für den Fußball als Sport, der für alle Menschen zugänglich ist. Das In-Kauf-Nehmen angedrohter sportlichen Sanktionen oder das Aussteigen aus dem Turnier transportieren eine solche kompromisslose Haltung. Gerade mit Blick auf verlorene Menschenleben erschüttert die Rückgratlosigkeit privilegierter Nationen umso mehr.
Vor allem innerhalb der UEFA erwarten wir ein konsequentes, solidarisches Einstehen. Wir fordern die unterschiedlichen Landesverbände auf, sich zu verbünden und gemeinsam entschieden gegen die machtmissbräuchliche Strategie der FIFA zu agieren.
Wer sich in den Statuten zum Schutz der Menschenrechte bekennt und den Fußball als Botschafter für Weltoffenheit proklamiert, aber den Ausdruck für Menschenrechte sanktioniert und wirtschaftliche Interessen über deren Einhaltung stellt, macht sich schuldig an Menschenrechtsverletzungen. Die FIFA bekennt sich damit politisch zu menschenfeindlichen Positionen und macht sich zum *zur Unterdrücker*in eines essenziellen Auftrags des Sports: Menschen zu vereinen.
Als KjG unterstützen wir den Boykott der Weltmeisterschaft 2022, weil Menschenrechte unverhandelbar sind.
Die Bundesleitung steht für Interviews gerne zur Verfügung.