Weihwasserkessel mit Aspergill

Gottes Schöpfungs­wirklichkeit kann keine Moralfrage sein

Stellungnahme der KjG-Bundesleitung zur verweigerten Segnung homosexueller Paare:

Die Glaubenskongregation des Vatikans hat sich erneut geäußert und der Segnung homosexueller Paare eine Absage erteilt. Dabei bezieht sich die Glaubenskongregation auf Argumente wie Gott könne Sünde nicht segnen, es könne keinen Segen geben für Verbindungen, die ein außereheliches Sexualleben mit sich brächten und es dürfe auf keinen Fall das Risiko entstehen, dass die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare mit dem Sakrament der Ehe verwechselt würde.

Als KjG-Bundesleitung kritisieren wir die Äußerungen der Glaubenskongregation und weisen sie entschieden zurück. Da die sexuelle Orientierung eine von Einzelpersonen tief empfundene und unveränderbare Lebens- und Schöpfungswirklichkeit [1] ist, können die aus ihr resultierenden Wünsche bspw. nach Segnung der Beziehung nicht allein über Moralfragen, das Rezipieren von Lehrmeinung ohne erneuten theologischen Diskurs oder das grundlose Absprechen ihres Wertes geklärt werden.

Wir verurteilen, dass die Glaubenskongregation (und damit der Vatikan) noch immer nicht verstanden haben, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen genauso tragende, verantwortungsvolle und bewusst eingegangene Beziehungen sind wie die zwischen Mann und Frau.

Wir widersprechen dem Argument, gleichgeschlechtliche Beziehungen seien Sünde, vehement. Die aufrichtige, gleichberechtigte Liebe zweier Menschen zueinander kann für uns keine Sünde sein – egal ob in gleich- oder gemischtgeschlechtlichen Beziehungen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Gottes geschenkte Liebe weiterzugeben nicht sündhaft sein kann.

Die Glaubenskongregation betont, eine Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare würde keinesfalls die Diskriminierung homosexueller Menschen bedeuten. Wir meinen: Das tut sie sehr wohl! In der Absage von Segnungen für homosexuelle Paare zeigt sich, dass die Institution Kirche nicht willens ist, sich mit ihrer eigenen Jahrhunderte alten Tradition von Diskriminierung, Homophobie und Ausgrenzung von Homosexualität auseinanderzusetzen. Eine solche Haltung ist vor dem Hintergrund des ursprünglichen kulturellen Kontextes, der naturwissenschaftlichen Forschung sowie den daraus resultierenden heutigen theologischen Argumentationen nicht haltbar.

Wir kritisieren eine Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare unter Bezugnahme auf naturrechtliche Argumentationen. Für die mit dem Naturrecht verbundenen Schwierigkeiten innerhalb der Ehe, bedient sich Kirche flexiblerer Deutungsmöglichkeiten als es im Kontext gleichgeschlechtlicher Paare auch nur ansatzweise denkbar erscheint. Diese Ungleichbehandlung stellt für uns eine bewusste Diskriminierung dar.

Wir wissen um die Heiligkeit der Ehe und wir unterstützen, dass die Ehe eine sinnhafte Institution darstellt. Wir widersprechen der Auffassung, dass andere Beziehungsformen grundsätzlich weniger wertvoll sind. Solchen bewusst und gleichberechtigt eingegangenen Beziehungen einen gewünschten Segen zu verweigern, ist für uns nicht nachvollziehbar. Die aktuelle Segenspraxis der katholischen Kirche liefert für uns keine Argumentation für den Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare. Mündigen Christ*innen die Fähigkeit abzusprechen, eine Unterscheidung der Segnung von der Ehe nicht leisten zu können, halten wir für absolut ungerechtfertigt.

Die Veröffentlichung stellt homosexuelle Menschen ausschließlich als hilfebedürftige Menschen dar, denen Orientierung und Unterstützung in der Kirche anzubieten sei. Unserer Überzeugung nach, sind alle Menschen mit der gleichen Würde ausgestattet und dementsprechend als gleichberechtigte Mitglieder der Kirche anzuerkennen. Dies umschließt auch eine individuelle Segnung, denn dieser Schutz Gottes gilt grundsätzlich für alle Menschen, die um ihn bitten.

Aus unserem tiefen Glauben heraus, dürfen wir auf den Zuspruch vertrauen, dass alle Menschen mit gleicher Würde und gleichen Rechten ausgestattet sind. Diesen Zuspruch müssen in der Kirche alle Menschen gleichermaßen erfahren.

Uns erschließt sich nicht, dass die Konfrontation mit homosexuellen Paaren, die sich den Segen Gottes für ihre innige Beziehung zueinander wünschen, offensichtlich Ängste schürt. Wir plädieren dafür, auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen die Liebe zueinander und die Liebe Gottes zu erkennen.

Wir fordern die Bischöfe, die Mitglieder des synodalen Forums „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ und die Mitglieder des Synodalen Weges dazu auf, entschieden gegen eine rein naturrechtliche Bewertung von Liebesbeziehungen zwischen Menschen einzustehen und sich zu aktuellen wissenschaftlichen wie theologischen Erkenntnissen zu bekennen und mit aller Kraft in der Weltkirche zu diskutieren. Wir fordern die gleichberechtigte Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen und die Anpassung der Sexualmoral.

Wir treten für eine Kirche ein, in der Diskriminierung beseitigt und Akzeptanz gelebt wird.[2]

[1] Vgl. Stellungnahme zum Umgang mit vielfältigen Lebensentwürfen und Familienmodellen durch die katholische Kirche (2017)

[2] Vgl. Beschluss Sexuelle Vielfalt in der KjG (2014): https://kjg.de/wp-content/uploads/2021/02/2014-10-24-beschluss-vielfalt.pdf